2. Bundesliga

Olaf Thon: "Schalke muss diese Saison nicht unbedingt aufsteigen"

Schalke-Urgestein Olaf Thon spricht im Interview mit Sports Illustrated über die "Knappen", denen die Rückkehr in die Bundesliga aus den Händen zu gleiten scheint. Der Verein ist nach dem Rauswurf von Dimitrios Grammozis auf der Suche nach einem neuen Trainer. 

Olaf Thon beim Spiel des FC Schalke 04
Credit: Getty Images
  • Olaf Thon spricht im Interview über FC Schalke 04
  • Thon: "Schalke-Aufstieg liegt unter 50 Prozent"
  • FC Schalke 04 hat einen Dreijahresplan

Sports Illustrated: Wie beurteilen Sie den Rauswurf von Dimitrios Grammozis beim FC Schalke 04?

Olaf Thon: Ich war am Wochenende im Stadion und war überrascht, dass Schalke das Spiel nicht in den Griff bekommen hat, um am Ende klar gegen Hansa Rostock zu gewinnen. Schalke hatte aber schon in den Spielen zuvor Schwächen gezeigt, wie gegen Düsseldorf. Ab diesem Zeitpunkt haben die Verantwortlichen gemerkt, dass es mit dem Trainerteam so nicht weitergehen kann. Dann wurde die Reißleine gezogen. Das ist schlecht für alle – für den Trainer, den Verein und die Verantwortlichen. Ich bin gespannt, welchen neuen Trainer Schalke findet. Was wir brauchen, ist Kontinuität auf dem Trainerposten.

Sports Illustrated: Trainer weg, Sponsor weg und Aufstieg in Gefahr. Wie kritisch ist die Situation auf Schalke?

Thon: Der Krieg in Russland ist eine schlimme Sache. Das belastet natürlich alle. Wir sind froh, dass wir mit Vivawest einen neuen Sponsor gefunden haben, der uns unterstützt. Man muss mal schauen, wie lange diese Verbindung halten wird. Vivawest ist als Sponsor eingesprungen. Dafür sind wir sehr dankbar. Jetzt muss man in aller Ruhe die richtigen Entscheidungen treffen und versuchen noch aufzusteigen oder wenigstens Dritter zu werden, um in die Relegation zu kommen.

Sports Illustrated: Ist der Aufstieg noch drin?

Thon: Die Wahrscheinlichkeit liegt unter 50 Prozent. Aber der Aufstieg ist durchaus noch möglich. Die anderen Mannschaften wie Werder Bremen, Darmstadt oder St. Pauli haben sich alle gefestigt, aber da ist noch nichts entschieden. Wichtig ist jetzt, dass Schalke beim nächsten Auswärtsspiel in Ingolstadt beim Tabellenletzten punktet und das Heimspiel gegen Hannover 96 gewinnt. Wenn Schalke in den nächsten beiden Spielen sechs Punkte holt, ist man schnell wieder in Reichweite.

Sports Illustrated: Mit Gazprom verliert Schalke viele Millionen Euro. Wird das fehlende Geld bei den Gedankenspielen über einen neuen Trainer eine Rolle spielen?

Thon: Davon gehe ich aus. Schalke kann nicht mehr aus dem Vollen schöpfen. Aber manchmal ist das Gute so nah und man braucht gar nicht in die Ferne schweifen.

Sports Illustrated: Schalkes U17-Trainer Onur Cinel wird als Kandidat gehandelt. Kann er den Job bis zum Sommer übernehmen?

Thon: Onur Cinel war bereits Co-Trainer auf Schalke, bei den Trainern, die kein halbes Jahr geschafft haben. Grammozis war zumindest fast ein Jahr da. Aber das bringt keine Kontinuität auf dieser Position in den Verein. Onur Cinel hat bereits Erfahrungen gesammelt. Ob er der richtige Mann ist, müssen die Verantwortlichen entscheiden.

Sports Illustrated: Wäre Peter Neururer ein geeigneter Kandidat?

Thon: Wenn Peter Neururer gefragt wird, würde es sicherlich machen. Er ist jetzt acht Jahre raus als Trainer. Das ist natürlich eine lange Zeit. Ich weiß aber, dass er sich permanent mit Fußball beschäftigt. Das wäre nicht das Problem. Wichtig ist, dass die Verantwortlichen jetzt einen guten Mann finden.

Sports Illustrated: Wie sieht’s mit Friedhelm Funkel aus?

Thon: Friedhelm Funkel ist die gleiche Kategorie wie Peter Neururer. Das sind natürlich alles top Namen, die erfahren sind und Erfolge gesammelt haben – auch in der Zweiten Liga. Diese Zweite Liga muss man kennen. Wir sehen das beim Hamburger SV, die jetzt in der vierten Saison unten festhängen. Im Moment sieht’s so aus, als wenn der HSV mindestens noch eine Saison unten bleibt.

Sports Illustrated: Droht Schalke das HSV-Schicksal?

Thon: Ich hoffe nicht. Der Verein hat vor der Saison das Ziel ausgegeben, dass es einen Dreijahresplan gibt. Schalke muss diese Saison nicht unbedingt aufsteigen. Wir hatten zuletzt über 40 Transaktionen mit Käufen, Verkäufen und Ausleihen. Wie soll sich da eine Mannschaft stabilisieren, wenn man den Etat von 80 Millionen Euro auf 25 Millionen reduzieren muss? Da sieht man auch das Problem, warum das nicht so funktioniert, wie man sich das vielleicht vorgestellt hat.

Sports Illustrated: Wo würden Sie den Hebel ansetzen, wenn Sie Trainer wären?

Thon: Wichtig ist es, eine Mannschaft aufs Spielfeld zu schicken, mit der man agieren kann. Grammozis hat nach dem freien Fall von Schalke zumindest ein Fundament geschaffen. Jetzt braucht die Mannschaft mehr Power in der Offensive, um die Spiele zu gewinnen.

Sports Illustrated: Stehen die Fans hinter der Mannschaft?

Thon: Die Unterstützung der Fans ist sehr gut. Am Wochenende gegen Rostock waren 28.000 Zuschauer im Stadion. Die Fans haben Schalke nach vorne gepeitscht. Am Ende hat das Team nicht mehr aufgepasst und in der 96. Minute den Gegentreffer zum 3:4 bekommen. Im Nachhinein wäre der Punktgewinn ganz wichtig für Schalke gewesen. Daraus muss man lernen für die nächsten Spiele. Aber wenn es Schalke schafft, die Fans als zwölften Mann weiter hinter sich zu bringen, haben wir eine Chance aufzusteigen.

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