Fußball-EM Frauen

Stephanie Müller-Spirra: "Gibt Männer, die Trikot von Alex Popp tragen"

Stephanie Müller-Spirra ist eine der bekanntesten Sport-Moderatorinnen in Deutschland – und eine Expertin des Frauen-Fußballs. Kurz vor der Frauen-EM 2025 in der Schweiz spricht sie über Gender Equality sowie ihren Titelkandidaten. 

Stephanie Müller-Spirra
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  • ARD-Sportmoderatorin Stephanie Müller-Spirra im Interview
  • Stephanie Müller-Spirra spricht über Thema Frauen-Fußball
  • Müller-Spirra: "Gibt Männer, die Trikot von Alex Popp tragen"
 

Was bedeutet guter Fußball für Sie?

Stephanie Müller-Spirra: Der, bei dem ich mitfiebere, bei dem mir zwischendurch Augen, Ohren und Mund offenstehen und bei dem ich so angefixt bin, dass ich nicht aufhören kann zu schauen.

Ist dieser Fußball ein reiner Männersport?

Müller-Spirra: Ich würde gerne Nein sagen, aber wenn Menschen von Fußball sprechen, meinen die meisten damit ausschließlich Männerfußball.

Warum bekommen Frauen nicht die gleiche Bühne wie Männer?

Müller-Spirra: Ich denke, das ist tatsächlich vor allem historisch bedingt. Uns fehlen Jahre, Jahrzehnte gegenüber den Männern, wirklich etabliert zu werden und für die Entwicklung eines großen Hypes. Das gilt in nahezu jedem Sport. Deshalb ist es umso wichtiger, Turniere wie die anstehende EM als Chance zu nutzen, groß wahrgenommen zu werden, dass das irgendwann auch zum Ligaalltag überschwappt.

Welche Rolle spielen dabei Vereine, Verbände oder der DFB?

Müller-Spirra: Für mich ist das eine Gemeinschaftsaufgabe. Medien, Verbände und Zuschauer*innen können nur gemeinsam etwas verändern und vor allem noch mehr Sichtbarkeit schaffen. Das funktioniert nicht als Einbahnstraße, sondern muss von vielen Richtungen kommen und in viele Richtungen gehen – wie eine Art Kreisverkehr mit Ein- und Ausfahrten. Alle tragen dazu bei.

Wo liegen die größten Hindernisse für die Frauen im Fußball?

Müller-Spirra: Geld und Sichtbarkeit sind leider immer noch große Faktoren. Genauso wie die Vereinbarkeit von Familie und Leistungssport: Es ist schon herausfordernd, den Körper während einer Schwangerschaft oder spätestens kurz danach wieder auf Leistungssport zu trimmen. Zudem entziehen viele Sponsoren den Spielerinnen aber in dieser Zeit auch noch die finanzielle Unterstützung, wenn sie ausfallen. Das ist Wahnsinn.

Wie begegnen Ihnen männliche Kollegen?

Müller-Spirra: Auch da wäre meine Wunschvorstellung, ganz unbedarft antworten zu können: "Immer auf Augenhöhe!". Doch fast jede Frau im Sportjournalismus hat andere Erfahrungen gemacht. Ich denke, wir Frauen müssen oft doppelt so viel wissen, um uns zu beweisen oder dürfen umgekehrt weniger Fehler machen als männliche Kollegen, weil sie uns deutlich schwerer verziehen werden. Sätze wie "Du hast ja richtig Ahnung", höre ich schon häufig – auch von anderen Frauen. Und ich glaube, das ist oft nicht einmal bewusst despektierlich gemeint. Diese Menschen, oft Männer, halten sich für gleichberechtigt und geben solche Kommentare trotzdem von sich.

Stephanie Müller-Spirra 
Stephanie Müller-Spirra 
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Wollten Sie immer Sportjournalistin werden?

Müller-Spirra: Bei einem meiner ersten Journalismus-Praktika bei einem lokalen Radiosender bin ich direkt in der Sportredaktion gelandet. Und kurze Zeit später habe ich für Kika junge Mädchen begleitet, die Fußballerinnen werden wollten. Ich dachte: ja klar logisch, warum eigentlich nicht Sport? Es war in dem Sinne kein richtiger Plan, obwohl ich aber schon immer mal bei Olympischen Spielen dabei sein wollte.

Was hat sich aus Ihrer Sicht in den vergangenen Jahren im Frauenfußball verbessert?

Müller-Spirra: Es gibt zum Glück viele positive Entwicklungen. Immer wieder werden Zuschauerrekorde geknackt, wie letzten beim Hamburger SV. Oder das Spiel der Frauennationalmannschaft bei der letzten EM war die meistgesehene Fußballsendung 2022. Und auch strukturell passiert einiges: Erst kürzlich wurde bekannt, dass beim TSG Hoffenheim künftig der Vertrag bei einer Schwangerschaft automatisch verlängert wird – in Norwegen ist das in der ersten Liga sogar längst Pflicht. Und was die Rolle von Frauen im Sportjournalismus betrifft, nehme ich auch wahr, dass es auch viele Menschen gibt, die gute Arbeit erkennen und wertschätzen, unabhängig vom Geschlecht.

Und wie steht es um die Gender-Pay-Gap?

Müller-Spirra: Auch finanziell tut sich etwas, zumindest im Ansatz: Es gibt mittlerweile Spielerinnen in der ersten Liga, die sich ganz auf den Fußball konzentrieren können und nicht mehr nebenbei arbeiten müssen – auch wenn wir da noch lange nicht auf dem Niveau der Männer sind.

Wo sehen Sie den Frauenfußball in zehn Jahren?

Müller-Spirra: Ich möchte gerne mal mit dem Kopf durch die Wand, aber in diesem Bereich funktioniert das nicht. Es geht Schritt für Schritt voran. Für mich geht es vor allem darum, die Zuversicht nicht zu verlieren. Die Wahrnehmung ist da, die Fans sind da. Und mit einer gewissen Vehemenz und Kontinuität sind wir in zehn Jahren der Gleichstellung noch ein großes Stück näher.

Und was wünschen Sie sich?

Müller-Spirra: Ich würde mir wünschen, dass wir in den nächsten zehn Jahren echte Gender Equality erreichen können. Es gibt inzwischen Männer, die mit einem Trikot von Alexandra Popp rumlaufen. Genau das ist doch das Ziel: Es geht um Sport, um Fußball, und nicht darum, ob da ein Männer- oder Frauennamen auf dem Rücken steht.

Wer wird Frauen-Europameister 2025?

Müller-Spirra: Es wäre absurd, jetzt nicht Deutschland zu sagen, oder? Also: Deutschland! Ich traue ihnen alles zu und habe ein gutes Gefühl für den Sommer!



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