Laura Freigang vor Frauen-EM: "Brauchen Mut, uns mehr zuzutrauen"
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Sports Illustrated: Ab wann setzen Sie sich als Spielerin konkret mit einem großen Turnier wie der Europameisterschaft auseinander?
Laura Freigang: Für mich hat das mit dem Trainerwechsel von Horst Hrubesch zu Christian Wück begonnen. Ab dem Moment war klar: Christian übernimmt die Verantwortung, einen EM-Kader zu formen. Von da an rückte das Turnier Schritt für Schritt stärker in meinen Fokus. Obwohl der Ligaalltag mit all seinen Anforderungen präsent bleibt, war in meinem Inneren schnell klar: Die Europameisterschaft ist das große Ziel. Und dieses Mal mit einer anderen Perspektive – nicht nur dabei sein, sondern eine größere Rolle einnehmen, das ist mein Anspruch.
Sports Illustrated: Sie sprechen von zwei Ebenen – dem Vereinsfußball und dem großen Turnierziel. Wie haben Sie beides für sich verknüpft?
Freigang: Ich habe stets den Anspruch, mit Eintracht Frankfurt erfolgreich zu sein – das ist mein täglicher Antrieb. Aber gleichzeitig weiß ich: Mein Weg in die Nationalmannschaft führt über kontinuierliche Leistungen im Verein. Deshalb war mein Saisonverlauf auch stark von dem Gedanken geprägt, mich körperlich wie mental auf höchstem Niveau zu halten, um für die Nationalmannschaft bereit zu sein. Ich habe die letzte EM erlebt, weiß, was dieses Turnier bedeutet. Natürlich gibt es im Liga-Alltag auch Phasen, in denen andere Themen dominieren – aber das Ziel, in diesem Sommer für Deutschland zu spielen, hat mich seit Saisonbeginn begleitet.
Sports Illustrated: Was bedeutet es für Sie, das Trikot der Nationalmannschaft zu tragen?
Freigang: Es ist eine große Ehre. Jedes Mal, wenn ich das DFB-Trikot überstreife, ist das ein emotionaler Moment. Es steht für all das, was ich investiert habe – die vielen Stunden harter Arbeit, die Rückschläge, die kleinen und großen Siege. Aber es ist auch ein Symbol für etwas Größeres.
Sports Illustrated: Und zwar?
Freigang: Ich denke dabei an all die Mädchen, die Fußball spielen, die träumen, die sich wünschen, einmal dort zu stehen, wo ich stehen darf. In diesen Momenten darf ich all diese Träume repräsentieren. Und ich weiß, wie viel diese Mannschaft für viele Menschen bedeutet. Das macht mich stolz – und sehr demütig.

Sports Illustrated: Fühlen Sie sich inzwischen als fester Bestandteil der Nationalmannschaft?
Freigang: Ich habe über die Jahre eine gewisse Selbstverständlichkeit im Umgang mit der Mannschaft, den Abläufen und dem Umfeld entwickelt. Ich weiß, was mich erwartet, wenn ich dorthin fahre. Aber ich war nie die Spielerin, die beim DFB jede Partie von Beginn an bestreitet. Umso mehr weiß ich jede Minute auf dem Platz zu schätzen. Denn ich kenne den Weg dorthin, weiß, wie viel es kostet, regelmäßig nominiert zu werden. Und genau deshalb bleibt es für mich jedes Mal etwas Besonderes – auch nach sechs Jahren.
Sports Illustrated: Sie haben angedeutet, dass Sie bei dieser EM eine andere Rolle einnehmen möchten. Wie sieht diese Rolle aus?
Freigang: Ich wünsche mir, mehr Verantwortung übernehmen zu können – auf und neben dem Platz. In der vergangenen Saison konnte ich mich kontinuierlich weiterentwickeln, habe mehr Einsatzzeiten bekommen, durfte über 90 Minuten ran. Ich spüre, dass mein Standing gewachsen ist. Und das bedeutet mir viel.
Sports Illustrated: Bei Eintracht Frankfurt ist das Spiel auf Sie zugeschnitten, Sie sind das Kreativzentrum der Mannschaft. Ist das in der Nationalmannschaft eher Vorteil oder Herausforderung?
Freigang: Es ist beides. Ich bin ein intuitiver Spielertyp, jemand, der viel über Spielintelligenz, Laufwege und Abstimmung funktioniert. In Frankfurt kenne ich die Bewegungen meiner Mitspielerinnen seit Jahren – das ist ein eingespieltes System. In der Nationalmannschaft ist das naturgemäß anders. Aber ich merke, dass meine Rolle dort mittlerweile klarer definiert ist, dass man mir die Freiheit lässt, meine Kreativität einzubringen. Und das hilft mir, meine Stärken auszuspielen. Ich habe gelernt, mein Spiel auch im DFB-Team mutiger zu gestalten – und ich glaube, das zahlt sich aus.

Sports Illustrated: Von außen betrachtet wirkt die Stimmung im Team sehr harmonisch – vielleicht sogar "zu nett"?
Freigang: Für mich gibt es untereinander kein "zu nett". Natürlich gibt es Konkurrenzkämpfe – jede will zur EM. Aber wir sind als Gruppe in der Lage, diese sportliche Rivalität außerhalb des Platzes auszublenden. Das ist nicht selbstverständlich. Unser Erfolg basiert auf Zusammenhalt. Wir haben ein starkes Teamgefüge aufgebaut, das nicht nur funktional, sondern auch emotional tragfähig ist. Wenn es bei uns etwas zu verbessern gibt, dann ist es eher die Selbstverständlichkeit und Konstanz, mit der wir unsere Leistung abrufen. Nicht die Harmonie ist das Problem, sondern manchmal der Mut, uns mehr zuzutrauen.
Sports Illustrated: Welcher Spielstil liegt Ihnen persönlich am meisten?
Freigang: Ich bin eine Befürworterin von mutigem, intensivem Fußball. Wir wollen auf den Platz gehen und den Ton angeben – mit Pressing, schnellem Umschaltspiel, hoher Intensität. Das ist nicht nur effektiv, sondern macht auch Spaß. In Frankfurt leben wir diesen Stil. Und ich finde, das ist auch der Weg, den wir mit der Nationalmannschaft gehen müssen: nicht abwarten, sondern selbst aktiv werden.

Sports Illustrated: Die Nationalmannschaft befindet sich im Umbruch, Spielerinnen wie Alex Popp haben ihre DFB-Karriere beendet. Was hat sich im Team verändert?
Freigang: Die größte Veränderung liegt sicher darin, dass viele Spielerinnen neu in der Mannschaft sind und noch keine großen Titel vorweisen können. Aber genau daraus entsteht ein frischer Spirit. Junge Spielerinnen bringen Energie, Unbekümmertheit, Spielwitz mit – das tut uns gut. Dazu haben wir mit Giulia Gwinn eine neue Kapitänin mit eigenem Stil, die darauf setzt, dass noch mehr Spielerinnen Verantwortung übernehmen. Deshalb sehe ich die Mannschaft sehr positiv.
Sports Illustrated: Welches Ergebnis würden Sie vor dem Turnier unterschreiben?
Freigang: Ganz klar: Ich setze voll auf das das Finale. Wir fahren nicht zur Europameisterschaft, um vernünftig mitzuspielen. Wir wollen gewinnen.
Sports Illustrated: Sie haben eine Kooperation mit Under Armour. Warum passt diese Zusammenarbeit so gut zu Ihnen?
Freigang: Für mich ist der persönliche Austausch das zentrale Element. Ich habe mich damals bewusst für Under Armour entschieden, weil ich das Gefühl hatte, dass man mich als Mensch und Athletin ernst nimmt. Diese Zusammenarbeit ist nicht bloß funktional, sondern von echtem gegenseitigem Interesse geprägt. Ich spüre Unterstützung und Wertschätzung. Und das ist in der heutigen Sportwelt keine Selbstverständlichkeit.

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