Fußball-EM Frauen

Bundestrainer Christian Wück im Portrait: Der Architekt an der Seitenlinie

Christian Wück soll die deutsche Frauen-Nationalmannschaft in eine erfolgreiche Zukunft führen. Dabei können ihm seine besonderen Charaktereigenschaften helfen – und ein spektakulärer Spielstil. Wir stellen den Bundestrainer vor. 

Christian Wueck (Deutschland, Bundestrainer), AUT, Oesterreich vs Deutschland, Frauen Fussball Nationalmannschaft, UEFA Womens Nations League, 6. Spieltag, Saison 2024 2025, 03.06.2025 AUT, Oesterreich vs Deutschland, Frauen Fussball Nationalmannschaft, UEFA Womens Nations League, 6. Spieltag, Saison 2024 2025, 03.06.2025 Wien
Credit: Imago

Wenn Christian Wück spricht, liegt eine Mischung aus Ruhe, Bodenständigkeit und analytischer Präzision in seiner Stimme. Der neue Bundestrainer der deutschen Frauen-Nationalmannschaft wirkt nicht wie ein Lautsprecher an der Seitenlinie, mehr wie ein Architekt. Mit klaren Vorstellungen, aber ohne Allüren. Einer, der lieber zuhört, analysiert, erklärt – und damit ein neues Kapitel im deutschen Frauenfußball aufschlägt.

Wück, Jahrgang 1973, startet seine Karriere als Profi in der Bundesliga. Im Alter von 29 Jahren muss er 2002 seine Spielerlaufbahn verletzungsbedingt frühzeitig beenden – und findet seine neue Berufung an der Seitenlinie. Zuerst arbeitet er als Assistenz- und später Cheftrainer unter anderem bei Arminia Bielefeld, Rot Weiss Ahlen und Holstein Kiel. Ab 2012 widmet er sich der Nachwuchsarbeit beim DFB, betreut diverse U-Mannschaften. Besonders mit der U17-Nationalmannschaft feiert er Erfolge, darunter der EM-Titel und der WM-Titel 2023. Die Arbeit mit jungen Spielerinnen und Spielern, das gezielte Entwickeln von Potenzialen – das ist Wücks Metier.

Christian Wück bringt neuen Stil in Frauen-Nationalmannschaft

Synchron zu seinen Spielern entwickelt sich auch Wück als Trainer stetig weiter. Deshalb hebt er eine Sache hervor: „Besonders wertvoll waren für mich die vielen Gespräche mit Trainerkolleginnen und -kollegen. Diese fachlichen und persönlichen Austausche haben mir immer wieder neue Perspektiven eröffnet.“ Dass ihn der DFB Anfang 2024 zum Nachfolger von Horst Hrubesch ernennt, ist nicht nur ein Vertrauensbeweis – sondern auch ein Signal: für einen neuen Stil. Mit einem Trainer, der davor noch nie ein Frauenteam trainiert hatte, anstatt erneut auf eine Ex-Spielerin auf der Bank – wie zuvor Martina Voss-Tecklenburg oder Steffi Jones – zu vertrauen.

Die Entscheidung pro Wück ist keine, die auf den ersten Blick naheliegt, und birgt aufgrund dessen Unerfahrenheit im Frauenbereich gewisse Risiken – und könnte sich gerade deshalb am Ende auszahlen. Wück ist keiner, der sich ins Rampenlicht drängt. Seine Philosophie fußt auf Vertrauen, Offenheit und Klarheit. „Ich würde meinen Charakter als Trainer als offen und ehrlich beschreiben. Der offene Dialog ist mir ebenso wichtig, wie eine vertrauensvolle Basis zu schaffen, auf der sich Spielerinnen wohlfühlen und entwickeln können.“ Spielerinnen wie Jule Brand schätzen diesen Stil. „Er ist klar in der Analyse, auch nach gewonnenen Spielen kritisch, weil er uns immer weiterentwickeln möchte. Er beschönigt nichts, spricht ehrlich an, was nicht gut war“, erzählt die Offenspielerin.

Bundestrainer Christian Wück bei einem Länderspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft.
Bundestrainer Christian Wück (Mitte) bei einem Länderspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft.
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Christian Wück: "Für erfolgreiches Turnier braucht es Begeisterung"

In einer Fußballwelt, die oft von kurzfristigem Denken getrieben ist, setzt Wück auf nachhaltige Entwicklung. Auf Förderung und Forderung. Dabei weiß der Bundestrainer genau, welchen Fußball er von seinem Team sehen will: „Wir wollen dominanten, aktiven und schnellen Fußball zeigen. Wir wollen das Spiel gestalten, mutig auftreten und mit hoher Intensität agieren.“ Es ist ein moderner Stil, getragen von Spielkontrolle, Tempo und Pressing, den der 52-Jährige schon erfolgreich bei der U17 etablierte – und der hervorragend zum DFB-Kader passt. Sein Spielsystem ist allerdings kein starres Konstrukt – sondern ein Rahmen, der Kreativität von Spielerinnen wie Laura Freigang und Klara Bühl zulässt.

Für die kommende EM hat Wück einen klaren Plan. „Für ein erfolgreiches Turnier braucht es vor allem Begeisterung – bei der Mannschaft, im Trainerinnenteam und bei allen, die das Team begleiten. Ebenso entscheidend sind Vertrauen und gegenseitiges Zutrauen.“ Es sind diese Begriffe – Begeisterung, Vertrauen, Zutrauen –, die sich wie ein roter Faden durch Wücks Karriere ziehen. Was den Trainer auszeichnet, ist seine Fähigkeit, Raum für Entwicklung zu schaffen – ohne sich selbst in den Vordergrund zu drängen. Seine Autorität entsteht durch Fachwissen, Haltung und Integrität.

Das erste kleine mediale Nebengeräusch, eine kurzfristige öffentliche Diskussion um fehlende Kommunikation, losgelöst von nicht berücksichtigten Spielerinnen, erstickt Wück im Keim: ein Anruf bei den Spielerinnen, ein kurzes Statement auf einer Pressekonferenz – Thema erledigt. In einer Zeit, in der sich der Fußball zunehmend in Selbstinszenierungen verliert, steht Wück für eine Rückbesinnung auf das Wesentliche: auf Spielidee, Vertrauen und Zusammenarbeit. Der Weg zum Erfolg ist bei ihm ein Prozess. Ein Weg, der von Kontinuität, Klarheit und Charakter geprägt wird. Und damit hat Christian Wück das Potenzial, nicht nur das deutsche Frauenteam zu formen – sondern dem gesamten Fußball neue Impulse zu geben.



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