1. Bundesliga

Werder-Profi Mitchell Weiser: "Ich bin kein klassischer Lautsprecher"

Mitchell Weiser hat schon viel in seiner Profikarriere erlebt. Seit 2022 schnürt der 30-Jährige seine Schuhe für Werder Bremen. Mit Sports Illustrated spricht er über die Details eines Fußballspiels, Umgang mit Kritik und Titelambitionen mit Werder Bremen.

Mitchell Weiser ist einer der Schlüsselspieler bei Werder Bremen
Credit: Imago

Sports Illustrated: Wissen Sie, wie viele Punkte sie aktuell bei Fußballmanager-Spielen so liefern?  
 
Mitchell Weiser: Normalerweise kriege ich davon nichts mit, allerdings hat mir mein Teamkollege Marvin Ducksch erst kürzlich gesagt, dass er mich verkauft hat. Also habe ich wohl zu wenig gepunktet (lacht.) 
 
Sports Illustrated: Dennoch läuft es bei Werder Bremen sportlich aktuell rund – Sie sind Zehnter und liegen nur zwei Punkte hinter Rang fünf. Zufrieden? 
 
Weiser: Wir haben viele ordentliche Spiele gemacht und unsere Punkte geholt. Natürlich geht es immer besser und wir haben noch genügend Raum für Verbesserungen, aber wir sind auf einem guten Weg.  
 
Sports Illustrated: Welche Art Fußball wollen Sie mit Ihrer Mannschaft spielen?  
 
Weiser: Uns Spielern und dem Trainerteam ist es wichtig, dass wir immer Lösungen mit dem Ball parat haben. Wir wollen die Bälle nicht nur einfach nach vorne schlagen, sondern verfolgen einen spielerischen Ansatz. Mir persönlich ist es wichtig, dass wir darauf achten, durch unsere Aktionen den Mitspielern das Leben so leicht wie möglich zu machen.  
 
Sports Illustrated: Wie macht man das? 
 
Weiser: Es fängt damit an, den Ball möglichst präzise und flach zu spielen. Wenn man sauber spielt, hat man es automatisch leichter, den Ball zu kontrollieren. Spielt man einen holprigen Pass, hat der Mitspieler weniger Zeit für seine nächste Aktion und die Chance auf einen Fehlpass oder eine unsaubere Aktion steigt. Außerdem ist es wichtig, auch mal einen Laufweg mehr anzubieten, auch wenn man den Ball nicht bekommt. So schafft man Räume. Solche Dinge erleichtern das Spiel extrem.  
 
Sports Illustrated: Klingt, als wären Ihnen Details wichtig. 

 
Weiser:
Mir geht es darum, meinen Mitspielern bestmöglich zu helfen. Und da hilft es, wenn ich nicht auf meine Füße schauen muss, wenn ich einen Ball annehme, sondern den Kopf oben haben und schauen kann, wo ich als nächstes hin spielen kann. Das sind Automatismen, die sich erst nach unzähligen Wiederholungen einstellen.  
 
Sports Illustrated: Arbeiten Sie heute noch an solchen Dingen?  
 
Weiser: Klar, ich kann mich in allen Bereichen verbessern. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich in jedem Training extra 100 Ballannahmen mehr mache. Dafür bin ich schon zu lange dabei. Aber wenn man im Training Elf gegen Elf spielt, achtet man auf solche Dinge und versucht, voll auf der Höhe zu sein. Dann wird man unabhängig vom Alter immer besser.  
 
Sports Illustrated: Welche Aspekte Ihres Spiels versuchen Sie zu verbessern?  
  
Weiser: Ich arbeite viel an meinem Torabschluss. Ich habe das Gefühl, dass ich mehr Tore erzielen könnte, da versuche ich noch besser zu werden. Und Spaß macht es auch (lacht.) 
 
Sports Illustrated: Wie ist Ihre Rolle in der Mannschaft? 
 
Weiser: Auf dem Platz versuche ich, von meiner rechten Seite aus so viel Einfluss wie möglich auf das Spiel zu nehmen. Ich würde behaupten, dass ich ein hohes Spielverständnis habe. Das versuche ich zu nutzen, um meine Mitspieler besser zu machen. Sei es durch Laufwege, die Ihnen helfen oder dadurch, Ihnen eine Anspielstation zu geben. Außerdem will ich immer gewinnen und versuche, diese Einstellung in den Spielen zu zeigen und die Mannschaft dadurch zu pushen.  
 
Sports Illustrated: Und neben dem Platz? 
 
Weiser: Ich bin kein klassischer Lautsprecher, niemand der rumschreit. Aber mir fallen in den Spielen häufig Details auf, die wir besser machen können. Das spreche ich an, sei es auf dem Platz oder in der Halbzeit. Aber ich bin niemand, der anderen Vorwürfe macht. Natürlich habe ich in der Mannschaft sportlich eine wichtige Rolle und versuche, diese bestmöglich auszufüllen. In diese Rolle als Führungsspieler kommt man mit zunehmendem Alter fast automatisch (lacht.)  
 
Sports Illustrated: Mögen Sie diese Rolle?  
 
Weiser: Ich drücke mich nicht vor Verantwortung und versuche, durch meine Leistung voranzugehen. Wenn ich meinen Mitspielern helfen kann, tue ich das gerne. Wenn ich das Gefühl habe, die Mannschaft braucht das, sage ich vor den Spielen oder in der Halbzeit auch mal ein paar Worte. Ich bin niemand, der den anderen Spielern, gerade den jüngeren, die Welt erklären will, nur weil ich schon länger dabei bin. Aber wenn jemand Hilfe braucht, bin ich gerne da.  
 
Sports Illustrated: Von außen wirkt es, als sei Ihre Mannschaft in den vergangenen Jahren unheimlich stabil geworden. Teilen Sie diesen Eindruck?  
 
Weiser: Auf jeden Fall. Als ich nach Bremen gekommen bin, war der Verein Zweitligist und sportlich in einer schwierigen Phase. Seitdem hat sich einiges getan. Als Mannschaft haben wir eine gewisse Stabilität entwickelt, sind nicht so leicht von unserem Weg abzubringen. Man sieht, dass der Kern der Mannschaft schon länger beisammen ist. Wir sind eingespielt, das hilft bei Rückschlägen. Der ganze Verein ist auf einem guten Weg.  
 
Sports Illustrated: Welchen Anteil hat Trainer Ole Werner?  
 
Weiser: Einen großen Anteil. Als er kam, hat er uns Ruhe und Selbstvertrauen vermittelt. Er kommuniziert viel mit uns Spielern, gibt jedem das Gefühl, wichtig zu sein. Und was uns als Mannschaft guttut: Er lässt sich nie aus der Ruhe bringen und von Ergebnissen beeinflussen. Er ist nach Siegen nie übermäßig euphorisch oder nach Niederlagen besonders frustriert. Er erinnert uns immer wieder daran, auf unsere Basics und unsere Qualitäten zu vertrauen. Egal, was wir als Mannschaft gerade für eine Phase haben.  

Mitchel Weiser (Werder Bremen)
Mitchel Weiser (Werder Bremen)
Credit: Imago
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Sports Illustrated: Wie wichtig ist Ihr Trainer für Sie persönlich? 
 
Weiser: Er hat mir von Beginn an vertraut und auf mich gesetzt. Das Wichtigste für mich ist, dass ich immer weiß, woran ich bin und mir auch mal einen Fehler erlauben kann, ohne dass ich direkt auf der Bank sitze. Dieses Gefühl gibt er mir und ich versuche, das mit Leistung zurückzuzahlen. Generell merkt man, dass unsere Mannschaft auch immer für den Trainer spielt. 
 
Sports Illustrated: Eigentlich hört man ja immer nur die Geschichte von der Mannschaft, die gegen einen Trainer spielt.  
 

Weiser: So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es das gibt. Wir sind alle Sportler und wollen viel zu sehr gewinnen, als dass wir ein Spiel absichtlich verlieren, nur um gegen einen Trainer zu spielen. Aber man kann definitiv für ihn spielen. Das äußert sich in den Extra-Metern, die man geht, obwohl sie wehtun und darin, dass sich jeder komplett in den Dienst der Mannschaft stellt. Das ist bei uns der Fall. 
 
Sports Illustrated: Dennoch haben Sie in Ihrer Karriere auch schwere Phasen erlebt und wurden von vielen Seiten kritisiert. Wie gehen Sie damit um?  

Weiser: Ich weiß wirklich nie, was über mich geschrieben wird – weder positiv noch negativ. Ich habe nur eine App für Sportergebnisse auf meinem Handy. Ich lese keine Artikel. Ich bin auch nicht mehr in dem Alter, in dem mir Freunde und Familie ständig Artikel über mich schicken. Ich versuche, ganz bei mir zu bleiben. Für mich ist wichtig, wie mein Trainer und ich selbst meine Leistung einschätzen und bin generell sehr reflektiert. Wie andere Leute meine Leistung bewerten, ist mir egal.  
 
Sports Illustrated: War das schon immer so? 
 
Weiser: Nein. Als junger Spieler habe ich mir auch durchgelesen, wie meine Spiele bewertet wurden und mich manchmal darüber geärgert. Aber ich habe gemerkt, dass es mir nicht guttut. Wenn man nichts liest, besteht erst gar nicht die Gefahr, sich davon beeinflussen zu lassen.  
 
Sports Illustrated: Gilt das auch für Social Media? 
 
Weiser: Es ist schwerer, daran vorbeizukommen. Wenn ich sehe, was manche Menschen dort für Nachrichten schreiben, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Es ist für mich unbegreiflich, wie man andere Menschen so beleidigen kann. Die Hemmschwelle ist auf Social Media sehr gering. Natürlich kann man solche Nachrichten nicht immer ignorieren, grundsätzlich machen sie aber wenig mit mir.  
  
Sports Illustrated: Welche Ziele haben Sie sonst noch in Ihrer Karriere? 
 
Weiser: Ich würde unheimlich gerne in meiner Karriere einen Titel gewinnen und glaube, dass das mit Werder Bremen möglich ist. Das wäre für mich das Größte. Es ist mein Ziel, dabei zu helfen, den Verein Stück für Stück dahin zurückzubringen, wo er hingehört: In die Champions League.  



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