Gastkommentar

Bahnradfahrerin Emma Hinze: "287 Euro sind zu wenig für einen EM-Titel"

Emma Hinze zählt zu den erfolgreichsten Bahnradfahrerinnen Deutschlands, mit acht WM- und sechs EM-Titeln sowie einer Silber- und Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen. In ihrem exklusiven Gastkommentar fordert sie eine faire Bezahlung für Spitzensportler.

Bahnradfahrerin Emma Hinze
Credit: Imago
  • Emma Hinze: "287 Euro sind zu wenig für einen EM-Titel"
  • Bahnradsport:  27-Jährige ist eine der erfolgreichsten Bahnradfahrerinnen Deutschlands
  • Hinze fordert in ihrem Gastkommentar eine faire Bezahlung für Spitzensportler

Hört man heutzutage allein das Wort „Profisportler“, denkt man nicht selten direkt an Luxus, Reichtum und astronomische Gehälter. Klar, es gibt Disziplinen, in denen die Protagonisten sehr viel verdienen – denn das Publikumsinteresse an Sportarten wie Fußball oder Tennis und der entsprechende Markt sind einfach riesig. Es gibt also gute Gründe, dass derartige Summen bezahlt werden.  

Ich möchte jedoch auf die Realität des Profisports aufmerksam machen. Diese ist eine andere – und Millionengehälter sind definitiv die Ausnahme. Allein von seinem Sport überhaupt leben zu können, ist für viele ein Wunschgedanke. Es geht mir deshalb um die Frage, wie fair Spitzensport vergütet und wertgeschätzt wird. Denn egal ob Fußballer, Golfspieler oder Bahnradsportler: Wir alle investieren unglaublich viel.  

Emma Hinze (GER) in Aktion während des Teamsprints der Damen bei den UEC-Bahnrad-Europameisterschaften 2024 in Apeldoorn (Niederlande).
Emma Hinze
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Eine gerechte Belohnung für den Erfolg gibt es – zumindest in unserer Sportart – selten. Kürzlich erhielt ich mein Preisgeld für unsere Goldmedaille im Team-Sprint bei der EM 2024. Es waren 287,03 Euro. Für einen Titel, auf den man jahrelang hinarbeitet. Faire Wertschätzung von Leistung sieht anders aus. Lange habe ich diesen Zustand einfach hingenommen, ich kannte es nicht anders. Aber mittlerweile möchte ich auf diese Missstände aufmerksam machen. Bitte nicht falsch verstehen: Ich bin dankbar dafür, dass ich in Kombination mit einer Anstellung bei der Bundeswehr als Sportsoldatin meinen Lebensunterhalt mithilfe der Deutschen und Brandenburgischen Sporthilfe sowie verschiedener Sponsoren (sie machen etwa 60 Prozent meines Einkommens aus) finanzieren kann. Das ist jedoch die Ausnahme, was auch daran liegt, dass ich in den letzten Jahren konstant erfolgreich war. Ich kenne viele – gerade junge – Athletinnen und Athleten, die ihren Sport nicht finanziert bekommen. Auch meinem Bruder ging es so. Meine Eltern mussten ihm seine Wohnung zahlen, weil er durch den Sport nicht genug Geld verdiente. Das ist frustrierend – und viele hören mit dem Leistungssport auf, weil sie studieren oder arbeiten müssen. Die finanziellen Herausforderungen sind also nicht nur ein Problem für aktive Sportler, sondern auch ein schlechtes Signal für kommende Generationen.  

Mehr Würdigung für sportliche Leistungen in Deutschland

Doch es geht nicht nur um Geld: Allgemein habe ich das Gefühl, dass sportliche Leistungen hierzulande nicht ausreichend gewürdigt werden. Ich war vor Kurzem in New York, wo mir auffiel, wie viel mehr Anerkennung der Sport dort genießt. Ich wurde öfter auf meine Kette mit den olympischen Ringen angesprochen – die Leute fanden es cool, dass ich bei Olympia war. In Deutschland kommt direkt die Frage: „Hast du gewonnen?“ Für eine olympische Medaille gibt es übrigens Prämien von der Deutschen Sporthilfe, für die ich sehr dankbar bin. Im internationalen Vergleich sind die Summen aber relativ gering.  

Ich habe nicht die Hoffnung, dass wir irgendwann mal in Sphären wie im Fußball kommen oder dass ich allein etwas an diesem Zustand ändern kann. Trotzdem glaube ich, dass es Möglichkeiten gibt, unseren Sport wachsen zu lassen und den Sportlern das Leben zumindest finanziell etwas leichter zu machen.  Ein Beispiel: Es würde schon helfen, wenn es mehr Möglichkeiten für duale Karrieren gäbe, um Beruf und Sport zu kombinieren – und sich auch für die Zeit nach der Sportkarriere abzusichern. Aktuell bieten für Leistungssportler nur die Bundeswehr und die Bundespolizei das Modell an, als Sportsoldat zu arbeiten. Es braucht mehr Unternehmen, die ähnliche Möglichkeiten bieten. Denn am Ende können dabei alle Seiten gewinnen.



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