Tristan da Silva: Darum trägt der deutsche NBA-Star die Nummer 23
- Basketball: Tristan da Silva bei Sports Illustrated
- Tristan da Silva: Deswegen trägt er bei Orlando Magic die Nummer 23
- Tristan da Silva: "Ich war immer Fan von den ganz großen Namen"
Die Rückennummer 23 hat im Basketball eine ganz besondere Bedeutung – in etwa die der 10 im Fußball, die Größen wie Pele, Maradona oder Messi trugen. Zur ikonischen Zahl der NBA machte Michael Jordan die 23, und auch LeBron James, der zahlenmäßig beste Spieler der Ligageschichte, läuft bei den L.A. Lakers mit jener Nummer aufs Feld.
Tristan da Silva: Die neue Nummer 23 der Orlando Magic
Bei Orlando Magic aus Florida hat die 23 in dieser Saison einen neuen Besitzer: Tristan da Silva, 23 Jahre alt und aus München. Der Historie dieser Nummer – und seines Sports – ist sich der NBA-Neuling bewusst, wie er uns beim Treffen im Englischen Garten in München erzählt: "Ich war immer Fan von den ganz großen Namen, also Larry Bird, Magic Johnson, Michael Jordan."
Deren Highlight-Videos schaute er als Kind und Jugendlicher auf Youtube, nachts verfolgte er die Spiele der NBA, aber meist nicht allzu lange: Er habe oft schlaftrunken um 3 Uhr nachts zwar noch versucht, aufzubleiben, "aber irgendwann, wenn der Timeout länger gedauert hat als eine Minute, ist man schon immer eingepennt".
Nun steht da Silva selbst auf dem Parkett der besten Basketball-Liga der Welt – in Orlando, wo man allerdings nicht die 23, sondern die 32 verehrt. Jene Nummer, in der Shaquille O’Neal zwischen 1992 und 1996 in Diensten Orlandos manchen Korb vom Backboard riss.
Shaq – Das war die große Show im Orlando der 1990er-Jahre. Und die große Show ist es auch, die Tristan da Silva ab dieser Saison in der Disneyland- Stadt erwartet. Gemeinsam mit zwei weiteren Deutschen: dem Weltmeister-Brüderpaar Franz und Moritz Wagner. Er freut sich auf die beiden, sagt: "Besser hätte es eigentlich nicht laufen können, als dass man da mit zwei Deutschen, die ungefähr im selben Alter sind, im selben Team ankommt."
Und obwohl er von der Position her zu Franz Wagner in Konkurrenz steht, ist Tristan da Silva seit jeher "Team Mitspieler" und sagt: "Ich bin megagespannt darauf, von Franz und von Paolo (Paolo Banchero, Forward der Magic und 1st Pick im Draft 2022; Anm. d. Red.) zu lernen, die da ungefähr auf meiner Position sind."
Franz Wagner: "Er hat bislang einen großartigen Job gemacht"
"Mit dem 18. Pick alle vier Felder abhaken zu können, bedeutet für uns einen sehr erfolgreichen Arbeitstag", freute sich Jeff Weltman, der President of Basketbal Operations der Orlando Magic, nach dem Draft und lobte da Silva: "Tristan ist ein einzigartiger Spieler mit außergewöhnlichen Fähigkeiten und meiner Meinung nach einer der Spieler mit dem höchsten IQ in diesem Draft."
Dass es passen könnte zwischen dem höflichen, eloquenten 2,04-Meter-Mann aus München und den Magic zeigte sich bereits vor dem Draft am Vorabend seines Probetrainings in Orlando, als er sich mit Weltman und Orlandos Chefcoach, Jamahl Mosley, im Steakhouse zum obligatorischen Dinner traf.
Das dauerte nicht wie üblich eine Stunde, sondern zweieinhalb. Da Silva, dessen Vater in München eine Bar betreibt, sagt dazu: "Wenn man es da einfach nett hat, vergehen gut und gerne mal zwei, zweieinhalb Stunden." Man habe über Gott und die Welt gesprochen und natürlich auch über Basketball, "wie ich da vielleicht reinpassen könnte und was bei denen jetzt auf dem Plan steht; über deren Spieler, deren Facilities und so weiter und so fort. Das war echt schön. Da habe ich mir schon gedacht: Bei denen zu landen, wäre sehr cool, bei Leuten, mit denen man sich gut unterhalten kann und die eben auch gute Persönlichkeiten mit Charakter sind. Das wäre schon was Feines."
Tristan da Silva: Diese Eigenschaften machen ihn stark
Und auch beim Probetraining wusste da Silva zu überzeugen. Mit einem Spielstil wie ein Schweizer Taschenmesser. Ein exzellenter "Cutter" sei da Silva, also jemand der Räume und Laufwege blitzschnell erkennt und zu nutzen weiß, da sind sich die Experten einig. Dazu jemand, der durch seine guten Dribbling-Fähigkeiten selbst zum Korb ziehen, den besser postierten Mann anspielen oder mit einer starken Dreier-Quote von 39,5 Prozent (aus dem letzten College-Jahr) auch aus der Distanz werfen kann.
Da Silva ist ein "Triple-threat", wie die Amerikaner sagen – ein "Raumdeuter" mit dem Skillset, selbst gehen, passen oder direkt punkten zu können. Einzig in der Athletik werden ihm Schwächen nachgesagt. Da Silva, der bereits an der Uni knapp zehn Kilo an Muskelmasse draufpacken konnte, gelobt auch in der NBA harte Arbeit im Gym.
Er wolle, sagt er, am Ende des Tages nicht aussehen wie Shaquille O’Neal, aber "die Leute, die da rumlaufen, sind halt alle solche Oschis, und wenn die dich die ganze Zeit rumschieben, nimmt das von deiner Effizienz und von deiner Kraft weg".
Es "Müllert" also fast ein bisschen in Orlando. FC-Bayern-Fan ist da Silva übrigens auch. Wobei er seine Anhängerschaft auf die Fußballer beschränkt. "Ich hatte in der Jugend zu viele Battles mit den Bayern, als dass ich da Bayern-Basketball-Fan sein könnte. Schon beim DJK und bei der IBAM (Internationale Basketballakademie München; Anm. d. Red.) dann noch mehr. Das war das Stadtderby, das war immer der ultimative Rivale."
Beim DJK Sportbund München begann Tristan da Silva als Siebenjähriger mit dem Basketball. Damals allerdings noch lange nicht mit dem Ziel, es einmal in die NBA zu schaffen. Zu gut gefiel ihm der Fußball und zu gut auch das Trompetespielen, das er als Teenager in gleich zwei Orchestern betrieb.
Tristan da Silva: Seine Familie und sein Vorbild
Und auch da Silvas Eltern sind nicht das, was man in Sportlerkreisen als "Tennis-Eltern" fürchtet. Im Gegenteil: Vater Valdemar, der in seinem Geburtsland Brasilien Profiboxer war und jetzt eine Bar in München betreibt, und Mutter Christine, PR-Chefin eines großen Münchner Gastro-Unternehmens, hielten ihre Söhne trotz des offensichtlichen Basketball-Talents stets dazu an, sich mehrere Wege offenzuhalten.
Deswegen hieß es bei den da Silvas immer "Schule, Sport und irgendwas für den Geist. Also in meinem Fall die Musik". Auch Bruder Oscar da Silva musizierte, spielte Saxophon. Wir wissen nicht, was der Musikwelt entgangen ist, sind aber froh, dass die beiden den Basketball gewählt haben.
Oscar, mit 26 Jahren der Große der beiden da-Silva-Brüder (mit 2,06 Metern knapp auch körperlich), wählte ihn zuerst. Von München aus wechselte er 2017 an die US-Eliteuni Stanford, wo er als Führungsspieler nicht nur sportlich für Furore sorgte, sondern auch in seinem Studium – Biochemie und Biophysik – glänzte, bevor er über die Stationen Ludwigsburg, Alba Berlin und FC Barcelona in diesem Jahr den Weg nach Hause zum FC Bayern Basketball fand.
Mittlerweile ist er auch Teil der Nationalmannschaft, die sich bei Olympia in Paris auf Platz vier spielte. Tristan da Silva musste auf der Suche nach seinem Vorbild also gar nicht lange suchen, fand es gleich im eigenen Elternhaus. Er sagt über Bruder Oscar: "Bei ihm hat es immer geklappt, und ich habe gedacht: Der lebt das so zur Perfektion, so will ich auch werden. Dann habe ich halt immer das gemacht, was er gemacht hat, und es hat immer super funktioniert."
Bis zu einem Wachstumsschub mit Ende 16 war Tristan allerdings, sagt er selbst, "immer noch 1,70 Meter und ein bisschen pummelig". Als der Schub dann aber kam, wollte er es auf dem Court wissen, hatten Trainer ihm noch größeres Talent als seinem Bruder bescheinigt.
Tristan da Silva: So gelang ihm der Sprung in die NBA
Mit 17 erfolgte der Wechsel an die Internationale Basketballakademie München (IBAM) zu Coach Robby Scheinberg, der schon so manches Talent in die Basketball-Welt entsendete. Als Tristan da Silva die IBAM 2020 verließ, um – wie Bruder Oscar drei Jahre zuvor – an die Uni in die USA zu gehen, stand da ein ausgewachsener Forward – mit 2,04 Meter Größe und damals knapp 90 Kilogramm Gewicht ist das auch wörtlich zu verstehen – mit dem Skillset eines Guards.
Ein Spielertyp, nach dem sich die NCAA-Unis in den USA die Finger lecken. Da Silva nahm ein Stipendium der University of Colorado Boulder an, wo er Finanzwesen studierte, für die Buffaloes auf Körbejagd ging und in vier Jahren zweimal in eine Auswahl der besten Spieler seiner Conference gewählt wurde.
Und obgleich die NBA auch während des Colleges noch nicht höchste Priorität hatte – "Ich habe da nie gedacht: Okay, ich mache jetzt College, und dann in zwei Jahren spielen wir NBA", sagt da Silva –, rückte sie nach dem dritten Jahr doch in seinen Fokus. Und nach einer äußerst vielversprechenden Senior Season gab da Silva im Frühjahr 2024 schließlich bekannt: Er werde es versuchen mit dem Draft.
Tristan da Silva L.A. Lakers waren auch interessiert
Interessenten gab es einige – offenbar auch die L.A. Lakers und Philadelphia 76ers. Doch vieles sprach für die Orlando Magic: Die Mitspieler Mo und Franz Wagner; die Tatsache, dass auch Chefcoach Jamahl Mosley Alumnus der University of Colorado Boulder ist; und dann ja auch noch besagtes Dinner im Steakhouse, bei dem man sich so außerordentlich gut verstand.
Und so kam es beim Draft in der Nacht vom 26. auf den 27. Juni 2024, wie es kommen sollte, als NBA Commissioner Adam Silver die Zauberworte sprach: "With the 18th pick in the 2024 NBA Draft, the Orlando Magic select … Tristan da Silva, from Munich, Germany, and the University of Colorado."
Als da Silva dann auf die Bühne ging und das Innenfutter seines Sakkos lüftete, entstand ein Bild, das blitzschnell durch deutsche und brasilianische Medien ging: Ins Futter eingearbeitet war die Landesflagge Brasiliens, sozusagen als Leinwand für die Logos der Colorado Buffaloes und des DJK Sportbund München.
Auf der linken Seite prangte das bayerische Landeswappen, das Logo der IBAM in Schwabing und das Münchner Kindl, aufgenäht auf die weiß-blauen Rauten des Freistaates Bayern. Von unten bejubelten Familie und Freunde – Mutter Christine, Vater Valdemar, Bruder Oscar, zwei seiner besten Kumpels und Jugendtrainer Robby Scheinberg – ihren Tristan allesamt in Tracht. "A very Brazilian-Bavarian affair" sozusagen, im Barclays Center von Brooklyn, New York City.
Tristan da Silva über NBA-Gehälter: "Gönne lieber meinen Eltern etwas"
Tristan da Silva weiß, woher er kommt. Daran, das zeigte dieser Moment exemplarisch, werden weder Hype noch Blitzlicht oder die in etwa 17,5 Millionen Dollar etwas ändern, die er im Optimalfall in den kommenden vier Jahren in Orlando verdienen wird.
Vom "Baller-Lifestyle" zwischen goldenen Uhren und schnellen Autos hält da Silva ohnehin wenig, sagt: "Wenn ich mein Budget beziehungsweise mein Gehalt da unter Kontrolle habe und genau weiß, wofür ich Geld ausgeben kann, fände ich es schöner, meinen Eltern was zu gönnen. Das fände ich eigentlich schöner, als mir selber irgendwie den Hals mit Diamanten und Goldketten vollzupacken."
Die Rückennummer 23, die Tristan da Silva bei Orlando Magic bekommt, ist ihm übrigens bestens bekannt: Er trug sie bereits am College. Bei ihm sei diesbezüglich aber "keine coole Geschichte dahinter". Noch nicht. In Orlando kann er sie nun einfach selbst schreiben.
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