NBA

Auferstehung der Warriors: Curry & Co sind die wichtigste Überraschung der NBA-Saison

Die Offensive der Warriors ist zurück an der Spitze der NBA. Der Aufschwung kommt durchaus überraschend. Dennoch erinnert ihr Spielstil erinnert stark an alte glorreiche Zeiten.

Stephen Curry
Stephen Curry
Credit: Getty Images

Nach zwei Jahren voller Verletzungen, Zweifel und scheinbar unumkehrbaren Veränderungen ist die Offensive der Warriors zurück an der Spitze. Es ist wieder die einmalige und wunderschöne Mischung von Flex- und Flair-Screens, Pin Downs, perfekt getimten Pässen und Backdoor Cuts. Die Effizienz der Warriors ist beeindruckend: Sie sind die Vorlagen-Könige der NBA und brauchen pro Ballkontakt am kürzesten. Ins Eins-gegen-Eins gehen sie dabei so gut wie nie. Stattdessen zischt der Ball mit einer Geschwindigkeit über den Platz, dass einem fast schlecht wird. Jeder Schritt verwirrt und überwältigt zugleich.

Das momentane Spiel von Golden State erinnert stark an die glorreichen Zeiten von 2015 bis 2019. Speziell die Leistung beim 117-99 Sieg gegen Kevin Durant’s Nets lässt keinen anderen Schluss zu. Die Warriors sind nach einer Saison, in der die Offensive gerade einmal auf Platz 20 landete, zurück. Der Aufschwung belegt eindrucksvoll, wie mächtig ein System und ein Superstar sein können, wenn sie perfekt unterstützt werden. In der vergangenen Spielzeit war das keineswegs der Fall.

Golden State Warriors: Die Offensive erinnert stark an die magischen Jahre

Das perfekte Beispiel dafür lieferte das Team zu Beginn des dritten Viertels gegen die Nets.  Als sie innerhalb von fünf Sekunden all das zeigten, was sie so schwer zu verteidigen macht. Am Ende veredelte Stephen Curry einen Bounce Pass von Draymond Green lässig. Es sind diese Spielzüge, die das Team besonders machen und der Konkurrenz keine Chance zum Atmen oder Denken geben. Der Gegner realisiert die Gefahr erst, wenn es schon zu spät ist.

Genau dieser Spielstil verhalf den Warriors zu drei Meisterschaften und fünf Finalteilnahmen. Einige Eigenschaften sind zwar heute anders, wie beispielsweise die Dreipunktquote (fast 15 Prozent mehr als 2015) - aber eine Sache ist geblieben: Die Warriors schließen so schnell wie immer ab. “Wir spielen einen ziemlich ähnlichen Stil,” erzählte Steve Kerr zuletzt vor dem Sieg von Golden State gegen Brooklyn. “Aber wir haben uns weiterentwickelt.”

Diese Parallelen sind auch im Zahlenwerk erkennbar. Laut Synergy Sports erzielte Golden State im Jahr 2017 18,1 Punkte pro Spiel per Korbleger. Aus dem Feld lag die Trefferquote bei 69,9 Prozent. Cuts machten 12,3 Prozent ihrer Körbe aus.

Die Zahlen in dieser Saison sind beinahe identisch: 18,1 Punkte, 70,3 Prozent aus dem Feld und 12,1 Prozent Cuts. Die Warriors führen damit in der Kategorie "Cuts" wieder die Liga an, nachdem sie in den letzten beiden Jahren auf den vierten Platz abgerutscht waren.

“Ich denke, dass sie einfach eine so klare Identität haben,” erklärte Nets-Cheftrainer Steve Nash, der früher als Berater für die Spielerentwicklung bei den Warriors zuständig war. “Sie haben einfach ein klares Verständnis für ihre Aufgabe in der Offensive."

Auch die Off-Ball Screens funktionieren immer noch. Bereits seit 2015 setzt kein Team in der NBA diese häufiger ein. Laut Synergy Sports liegen die Punkte pro Ballbesitz bei diesen Spielzügen derzeit bei 1,15 und damit höher als je zuvor.

Zum Vergleich: In der letzten Saison waren es 1,04. Im Durchschnitt kommt Golden State damit auf 12,2 Punkte pro Spiel. Auf Rang zwei in dieser Rubrik liegen die Kings, die allerdings gerade einmal 6,4 Punkte im Schnitt. Die Warriors dominieren in dieser Kategorie somit die Liga – ganz wie in alten Zeiten.

Stephen Curry ist der entscheidende Mann

Dennoch bleibt ein riesiger Unterschied: die Besetzung - mal abgesehen von Steph Curry und Draymond Green. Denn Klay Thompson und Kevin Durant sind weg. Die Beiden wurden durch Andrew Wiggins, Jordan Poole und Damion Lee ersetzt.

Damion Lee gegen die Nets
Damion Lee am Ball gegen die Nets
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Und auch die NBA ist im Wandel. Die Zusammensetzung der gegnerischen Kader hat sich verändert. Ausgelöst wurde dieser Trend mitunter durch die revolutionäre Spielweise der Warriors. Schließlich sollte die offensive Dominanz der Warriors somit eingebremst werden. Langfristig hat das bislang aber offenbar wenig gebracht.

Denn die Golden-State-Offensive brilliert wieder. Mittendrin Steph Curry, ein MVP-Kandidat, dessen Wert für das Team unfassbar groß ist. Steht er auf dem Parkett, liegt das Offensiv-Rating seiner Mannschaft bei 116,1. Liga-Bestwert! Ohne Curry sinkt das Rating auf den schlechtesten Wert der Liga (97,2).

Das wissen sie natürlich auch in San Francisco. Angesprochen auf die eigene Offensivpower, nannten Wiggins, Kerr und Green sofort seinen Namen.

Offensivspiel der Warriors keine "Raketenwissenschaft"?

“Wir haben Steph Curry. Und wir arbeiten ihm alle zu. Denn er ist sehr schwer zu verteidigen,” erklärte Green. Und weiter: “Wenn man also herausfindet, wo man sich aufhält und weiß, wann man schneiden und wann man abschirmen muss, kann es sehr dynamisch sein. Ich glaube nicht, dass es wirklich eine Raketenwissenschaft ist. Dieser Kerl zieht eine Menge Aufmerksamkeit auf sich und macht es für alle anderen viel einfacher."

Kerr unterstrich ebenfalls die enorme Strahlkraft seines Superstars: “Es geht darum, schlaue Leute um [Steph] zu platzieren, wie Draymond oder Andre [Iguodala] und viele andere (…). In der Liga gibt es niemanden, der diese Pick-and-Roll-Dominanz hat und zugleich diese Fähigkeiten am Ball. Plus das Off-Ball-Spiel von Reggie Miller. Diese Kombination hat man noch nie gesehen."

Superstar Stephen Curry: "Es funktioniert"

Geht es nach Curry, ist das große Ganze verantwortlich für den Erfolg. Er verweist gerne auf seine intelligenten Mitspieler und deren Fähigkeit, in kürzester Zeit die richtige Entscheidung zu treffen. Zudem sei das Playmaking von Green einfach grandios. Dennoch ist für ihn die Unerbittlichkeit des Teams die momentan größte Stärke. Schließlich werden die Gegner dadurch vor eine riesige mentale Herausforderung gestellt.

“Wir haben im Moment eine Menge Abschlüsse. Selbst an einem Abend, an dem wir als Team nicht besonders gut werfen, kreieren wir großartige Würfe", erzählte Curry. Für die gegnerische Verteidigung sei das strapaziös und auf Dauer demoralisierend.

Tatsächlich kreiert das Team in dieser Saison mit 15,5 die meisten unbewachten Catch-and-Shoot-Würfe unter Kerr als Head Coach. Einzig die Bucks übertreffen diesen Wert noch. “Es funktioniert”, erklärte Curry beinahe ein wenig stolz.  Mit den Golden State Warriors ist in dieser Saison auf jeden Fall wieder zu rechnen.